Texte zu Ausstellungen
Geschichte jenseits von Nostalgie und Vergessen
Da niemand mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reisen kann, bedarf es anderer Mittel um Geschichte zu erfahren. Dazu zählen Erinnerungen von Menschen, die in der Gegenwart erzählt werden. Zwischen dem Geschehenen und dem Erzählten liegen viele Jahrzehnte. Da verändern sich Erinnerungen, Erzählungen erfahren Ausschmückung, Neudeutung und Neueinordnung. Überlagerungen, wie eigene schlimme Erlebnisse zu Kriegsende trüben manchmal den Blick auf das Unrecht, das davor am gleichen Ort an anderen Menschen geschehen ist.
Zu Veränderungen der Erinnerungen trugen auch Massenmedien bei, die im Laufe der Jahrzehnte unterschiedliche Erinnerungskulturen wiedergaben. Dazu gehören historische Erzählmuster von der Opferrolle Österreichs über den Widerstandsheroismus bis zum Eingeständnis einer Mitverantwortung und Mitschuld.
Eine gewisse Vorsicht mit der Erinnerung an schlimme Zeiten ist auch bei Gesprächen zu verspüren: Werden Menschen auf die „Nazizeit“ direkt angesprochen, scheinen sie wenig darüber zu wissen, treten mit „Rechtfertigungsfiguren“ den Fragen entgegen und geben Antworten wie „Ich war ja nur ein einfaches Mädl und habe mich nie für Politik interessiert“ oder „Menschen, die arbeitslos sind und betteln müssen, haben sich das Paradies erhofft“ „Na ja, dann beim Hitler war ja Arbeit da“.
Es bedarf einer rationalen Kontrolle von unreflektierten Erinnerungen, um diese Erzählungen in den Kontext der Forschung einordnen und der Öffentlichkeit weitergeben zu können. Dazu zählen auch bis vor kurzem fast völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwundene Orte des Verbrechens, wie das KZ Außenlager in St. Aegyd oder die Ermordung von 34 jüdischen Zwangsarbeiter/innen. Vielleicht tragen Theaterstück und Ausstellung ja zu einer neuen Erinnerungskultur bei?
Text: Margarete Kowall aus „Lilienfelder Zeitgeschichte(n). Eine Auswahl zeithistorischer Ereignisse aus dem Bezirk Lilienfeld“ (Grafik: Alexandra Eichenauer-Knoll)
Katalog zur Ausstellung anlässlich der Aufführung des Theaterstückes „Geschichten des Herrn K.“ von Susanne Schönbrunner Mai 2010 im Cellarium
Ausstellungskatalog „Zeitenblicke“
S 4:
Das erste Mal wurde der Niederhof im Alten Dienstbuch des Stiftes Lilienfeld 1536 erwähnt. Hier scheinen nur Namen und Dienste, die zu leisten oder zu zahlen waren auf.: Ix d= 60 Pfennig. , also viel mehr, als bei den umgebenden Höfen. Das lässt darauf schließen, dass der Niederhof größer war.
S 15:
Aus den erhaltenen Akten geht hervor, dass Buchner nach dem „Anschluß“ in Untersuchungshaft war. Zeitzeuge Hermann Zöchling erzählte, Buchner sei verhaftet worden, weil er „schwarz/rot“ war, was ja an und für sich schon ein bisschen eigenartig klingt. Gerüchten zufolge soll er zur Heimwehr und Starhemberg ein Nahverhältnis gehabt haben.
Von den Nationalsozialisten wurde ein kommissarischer Verwalter eingesetzt.
S 19:
Die erste Frau in den Archivalien erscheint, heißt Maria Perger , sie lebte noch vor 1704 am anderen Niederhof. Frauen allein lebten nur als Witwen und immer nur für kurze Zeit hier.(wie überall in der Niederösterreichischen Grundherrschaft). Bei Männern findet sich die Bezeichnung L. St. Allein neben dem Namen, das bedeutet ledigen Standes. Siekonnten auch ledig ein Baunegut übernehmen. Das war Frauen nicht möglich. Allerdings waren auch die ledigen Männer angehalten, so bald wie möglich zu heiraten.
Text: Margarete Kowall: Ausstellungskatalog „Zeitenblicke. Niederhofschule sucht Niederhof. Eine historische Ausstellung“ (Lilienfeld 2009)